Waidstraße 26
99974 Mühlhausen
Viele Kirchtürme prägen die Ansicht der Stadt Mühlhausen und ihr Stadtzentrum. Die Pfarrkirche St. Josef befindet sich im östlichen Stadtteil Mühlhausens und liegt inmitten eines Wohngebietes.
Die Kirche ist vom Zentrum aus sehr gut zu Fuß erreichbar und auch der Bahnhof der Stadt ist nur wenige Gehminuten entfernt. Parkmöglichkeiten finden sich entlang der Waidstraße sowie der Karl-Marx-Straße.
Die Kirche ist von Sonntag bis Freitag in der Zeit von 15:00 bis 16:00 Uhr geöffnet.
Pfarrer Andreas Anhalt
Waidstr. 26
99974 Mühlhausen
Tel.: 03601 85360
Die 1851 eingeweihte Bonifatiuskirche am Blobach war durch die wachsende Gemeinde bald zu klein geworden, sodass bereits im Jahr 1884 ein Kirchbauverein gegründet wurde, der sich zum Ziel gesetzt hatte, einen Kirchenneubau zu errichten. Die Kirchengemeinde legte sich dabei eine freiwillige Kirchensteuer auf, der katholische Verein „Constantia“ bildete einen eigenen Fond. Besonders verdient um den Bau der Kirche hat sich der damalige Pfarrer Dechant Heinrich Gleitz gemacht, der zwischen 1886 und 1915 der Kirchengemeinde vorstand.
Im Jahre 1900 erwarb die Kirchengemeinde den Bauplatz in der Waidstraße. Der ausführende Architekt, der Paderborner Diözesanbaumeister Arnold Güldenpfennig, hatte Ende 1902 seine Baupläne zur Errichtung einer dreischiffigen Hallenkirche mit Querhaus und abschließendem Chor fertig und der Gemeinde übergeben. So konnte am 14. Juli 1903 wurde der Grundstein gelegt werden. Bereits ab 1905 konnte die Gemeinde die Kirche für Gottesdienste nutzen. Die Komplettierung der Inneneinrichtung geschah in den nachfolgenden Jahren. Der Paderborner Bischof, Mühlhausen gehörte in der damaligen Zeit zum Bistum Paderborn, Dr. Wilhelm Schneider, konsekrierte die Kirche am 5. August 1907. Sie erhielt das Patronat des heiligen Josef. Der neugotische Kirchenbau nimmt die mittelalterliche Kirchbautradition der Stadt Mühlhausen auf. Zeitgleich mit dem Kirchenbau wurden das Pfarrhaus und die Kaplanei errichtet. Alle drei Bauten sind aus dem hiesigen Travertinstein errichtet.
1962 und 2001 erfolgten Sanierungsarbeiten, die jeweils auch großen Einfluss auf die Innengestaltung genommen haben.
Die fünf Chorfenster
Das von der Magdeburger Künstlerin Maren Magdalena Sorger entworfene und von der Paderborner Glaswerkstatt Peters in der Technik der Floatglasmalerei umgesetzte Kunstwerk ist Altarbild und Fenster zugleich. Der Chorraum wird durch das Farbspiel der Fenster zum warmen und hellen Lichtraum, die Texte, die figürlichen und abstrahierenden Formen laden zum "betrachtenden Schauen" ein, wie es die Künstlerin selbst einmal betont hat. Auch wenn jedes Fenster für sich steht, bilden sie zusammen eine Einheit, deren Grundgedanke die "Herrlichkeit Gottes" in Beziehung zur "Sehnsucht des Menschen" versucht auszudrücken. "Lass mich doch deine Herrlichkeit sehen" - so heißt es im linken Chorfenster. Diese Bitte des Mose im biblischen Buch Exodus bringt das Grundthema der Fenster auf den Punkt. Die folgenden Bildinterpretationen mit einleitenden Versen von Olaf Karlson sind keine festgelegten Ausdeutungen, sondern sollen zur je eigenen Sichtweise einladen.
"Dein Name Herr allein als Beweis deiner Gegenwart genügt"
Das Mittelfenster wird von einem tiefen Goldton geprägt. Gold ist in der christlichen Ikonographie ein Hinweis auf die Gegenwart und Herrlichkeit Gottes. Inmitten des Goldes erscheint in hebräischen Schriftzeichen das Wort "Jahwe", der jüdische Gottesname. Dieser Name verbindet uns Christen mit der langen Tradition des Volkes Israel. Die Geschichte von Gotteserfahrungen beginnt weit vor dem Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi. Damit zeugt dieses Fenster auch von einer bleibenden Verbindung zwischen Christen und Juden. Die horizontal verlaufende Linie in der Mitte des Fensters trennt Gottes Name von den suchenden Händen der Menschen. Doch die Farben zeigen ganz deutlich, dass in "goldenen Händen" von Menschen Gottes Herrlichkeit auch auf dieser Erde spür- und erfahrbar sein kann. Zugleich zieht sich das Blau unseres irdischen Kosmos in die goldenen Welt von Gottes Gegenwart. Irdisches Sein und Ewigkeit begegnen sich.
"Der Ruf meiner geöffneten Hände lässt den Stern des Lebens aufleuchten".
Schaut man auf das erste Fenster links neben dem Mittelfenster, so ist zu erkennen, dass sich der Goldton langsam in "Wüstengelb" wandelt. Doch dieses Gelb der Wüste wird aufgebrochen und goldene Adern durchziehen das Bild. In der Wüste des Menschen erscheint Gott selber, indem Jesus, der Sohn Gottes, Mensch wird. Diese Menschwerdung verkündet uns der Stern im oberen Teil des Fensters. Die blauen Streifen, die auch in den anderen Fenstern zu finden sind, lassen uns in der Wüste dieser Welt den Durchbruch zum Himmel erahnen und ansatzweise im irdischen Leben schauen.
"Deine Berührung nimmt mir den Schleier"
Das Fenster ganz links erzählt von der Sehnsucht des Menschen und dem segenspendenden Gott. Texte von Augustinus und Gertrud von Helfta sowie der Psalm 63 stimmen in dieses Thema ein. Im oberen Teil des Fensters ist ein Regenbogen angedeutet, das alttestamentliche Zeichen für den Bund Gottes mit den Menschen. Aus diesem streckt sich die geöffnete Hand Gottes, der Segen fällt gleichsam aus der Hand heraus. Der Segensstrom ergießt sich in direkter Linie in eine Muschel und wird dort in der kostbaren Perle sichtbar. Diese Linie zwischen Hand und Muschel wird von einer runden Scheibe durchbrochen, deren Form vielfältigste Ausdeutung zwischen Schießscheibe und Monstranz, Sonne und Spinnennetz zulässt. Der Kreis zieht das Auge in den Mittelpunkt wie ein Mandala und bringt zugleich eine rotierende Bewegung in das Gesamtfenster. Die "Quadratur des Kreises" des Menschen zwischen Sehnsucht und Erfüllung wird hier auf den Punkt gebracht. Auf diesem Hintergrund bekommen Perle und Muschel noch eine weitere Bedeutung. So wie ein Sandkorn, das sich in das lebende Fleisch der Muschel bohrt, Schmerz bereitet, von der Muschel aber angenommen und mit Perlmutt umkleidet zu einer wertvollen Perle wird, so kann auch die Vielfalt des Lebens zu einem wertvollen Schatz werden. Gottes Herrlichkeit kann sich auch hinter harter Schale verbergen.
"Im braunen Blatt fallt uns der Herbst dieser Welt entgegen dein Wort aus der Höhe bleibt beizeiten Rätsel doch Aufgabe zugleich"
Das erste Fenster rechts führt in die Spannung menschlichen Lebens zwischen Streben nach Unendlichkeit und Größe sowie der Realität des Todes und Vergehens. Die Unendlichkeit ist in der Buchrolle mit dem mathematischen Unendlichkeitszeichen dargestellt, die Endlichkeit in den satten Herbstfarben und dem fallenden Blatt. Das Mühen des Menschen kommt in den nichtzudeutenden Schriftzeichen an ein Ende. Es gibt für ihn unüberschreitbare Grenzen. Andererseits fällt das absterbende Blatt nicht in ein Nichts, es ist aufgefangen und lebt in den Gedanken und Gebeten der Menschen weiter und wird so zu Gott getragen. Diese Hoffnung gilt auch den Menschen.
"In den sandigen Windrosen der Glückseligkeit prozessiert fröhlich die Ameise"
Das zweite Fenster auf der rechten Seite spricht von der Herrlichkeit Gottes, die im Mikrokosmos und im Makrokosmos der Welt erfahrbar ist. Spiralnebel im oberen Fenster stehen für die erhabene Größe des Alls, die Ameise für die bis ins Kleinste durchstrukturierte Schöpfung. Der Mensch ist in diese Welt hineingestellt und aufgefordert, sie mit seiner Fantasie und Kreativität zu gestalten. Dafür steht der Kirchengrundriss in der Mitte des Fensters, der zugleich für den Bauplan einer neuen Kirche, aber auch für eine verlassene Ruine stehen kann. Die diesem Fenster zugeordneten Texte stehen für Gotteserfahrungen, die im Kleinen wie im Großen in allen Völkern und Religionen möglich sind.
Die fünf Chorfenster thematisieren, wie Gott und Mensch aufeinander bezogen sind. Vom christlichen Glauben her wird die Aussage der Fenster erst durch die Beziehung zum Altarkreuz mit dem leidenden und schwebenden Christus stimmig. Jesus Christus gibt Gott ein Gesicht und ist zugleich menschlicher Ansprechpartner. Beide Kunstwerke sind somit aufeinander bezogen.
Hl. Maria
Maria ist als Königin mit Krone und Zepter dargestellt. Ihr Fuß drückt den einen Apfel tragenden Schlangenkopf des Teufels herunter. Mit der Geburt Jesu durch Maria ist das Böse endgültig in die Schranken gewiesen. Seit 1962 steht die Figur an der Altarwand des südlichen Seitenschiffs.
Hl. Josef
Der hl. Josef als Pflegevater Jesu ist Patron dieser Kirche. Er ist mit dem Jesuskind auf dem Arm dargestellt und ist heute selbst bei geschlossener Glastür „ansprechbar".
Hl. Antonius
Die Bibel in der Hand zeigt den im 13. Jh. lebenden Franziskanermönch als Prediger, die Scheibe Brot in seiner Hand verweist auf die tätige Liebe, die in der Tradition des Antoniusbrotes als Gabe für die Armen heute noch weiterlebt. Die 1952 geschaffene Antoniusfigur im Vorraum der Kirche wurde vermutlich von dem Eichsfelder Holzbildhauer Johannes Merker geschaffen.
Hl. Barbara
Die Märtyrerin aus frühchristlicher Zeit wurde wegen ihres Glaubens vom eigenen Vater in einen Turm gesperrt. Die Kraft für ihr Bekenntnis erhielt sie durch die HI. Kommunion, wie der Kelch in ihrer Hand symbolisiert.
Hl. Margaretha
Margaretha wurde im 3. Jh. für ihr Glaubenszeugnis ermordet. Ihr Kampf gegen innere und äußere Angriffe wird in der Gestalt des Drachens deutlich, den sie mit erhobenem Kreuz bekämpft.
Hl. Elisabeth
Ihr Vertrauen zu Gott und ihre Liebe zu den Ärmsten verdichtet sich bei Elisabeth von Thüringen (lebte im 13. Jh.) in der Legende des Rosenwunders, das in der hiesigen Darstellung sehr schön künstlerisch umgesetzt ist.
Hl. Anna
Sie ist die Großmutter Jesu und wird hier mit der kleinen Maria dargestellt, die sie mit der einen Hand schützt und mit der anderen lehrt.
Hl. Petrus und Paulus
Petrus mit dem Schlüssel für seine zentrale Rolle in der Kirche und Paulus mit dem Schwert als Zeichen des Martyriums sind als zentrale Apostelgestalten an der linken Altarwand angebracht.
Pietà
Ganz in der Tradition der Wiedenbrücker Schule steht auch die 1922 von Heinrich Pütz geschaffene Pietà in der ehemaligen Taufkapelle im Vorraum der St. Josefkirche. Die Darstellung der Maria mit ihrem gekreuzigten Sohn steht für das menschliche Leid generell. Einst als Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges geschaffen, bildet heute die Pietà in der von Evelyn Körber 2001 blau eingefasste Kapelle einen Ort für das allgemeine Gebet all derer, die in Not geraten sind.
Ein Kleinod in der St. Josefkirche sind die 1907 geschaffenen 14 Kreuzwegstationen des in Wiedenbrück geborenen Malers Eduard Goldkuhle. Die im historisierenden Stil gestalteten Szenen des Leidens Christi bekommen durch den durchgängigen goldenen Hintergrund etwas Ikonenhaftes, das nach der Neugestaltung der Kirche gut mit den Farben der Chorfenster zusammenpasst.
Im Jahre 1905 baute die Fam. Klais aus Bonn auf der Empore eine zweimanualige Orgel mit pneumatischer Traktur und romantischer Disposition. Das stark beschädigte Instrument wurde im Jahr 2000 an die Dominikanerpfarrei in Budapest weitergegeben, um aus den brauchbaren Teilen eine neue Orgel aufzubauen. 1981 erbaute die Orgelfirma Jehmlich aus Dresden ein neues Instrument. Auf Anregung des damaligen KMD Raimund Kister bekam die Orgel ihren Platz in der Nordapsis, um ein gemeinsames Musizieren von Chor, Orgel und Gemeinde zu ermöglichen. Mit dem fahrbaren Spieltisch und der an Klangfarben reichhaltigen Disposition (unter anderem 6 Zungenstimmen) ist die Orgel ein Instrument, das der Liturgie in der geforderten Weise dienen kann und ebenfalls zur Darstellung von Literatur aller Stilepochen gut gerüstet ist.
1928 wurden die ersten vier Glocken in den Kirchturm der St. Josefkirche gehängt. Nach dem Verlust der Glocken im Zweiten Weltkrieg mühte sich die Kirchengemeinde um ein neues Geläut. Am 15. Juni 1967 übergab die Fa. Schilling aus Apolda die auf d-f-g-b abgestimmten Bronzeglocken. Die neuen Instrumente mit den Inschriften "Christus unser Herr" (41 Ztr.), "Maria unsere Fürsprecherin" (23 Ztr.), "Josef unser Schutzpatron" (16 Ztr.) und "Bonifatius unser Glaubensbote" (9 Ztr.) fügen sich harmonisch in das Gesamtgeläut der Mühlhäuser Stadtkirchen ein und rufen jung und alt regelmäßig zu Gebet und Gottesdienst.